DAS GROSSE INTERVIEW

Für unser Interview haben wir Markus Kurcz, einen sehr bekannten Experten im Bereich des Katastrophenschutzes, getroffen, um mit ihm über das mögliche Szenario eines länger andauernden Stromausfalls im Land zu sprechen. Ein Gespräch über den Status Quo in der Stromversorgung und Tipps zur eigenen Prävention im Falle eines Blackouts.

Herr Kurcz, was bedeutet ein flächendeckender Stromausfall? Und wann sprechen wir eigentlich von einem Blackout? Ein Blackout ist ganz einfach ein Stromausfall, der plötzlich auftritt, der länger andauert, das heißt, über Tage geht und zudem überregional ist, also weit über die Grenzen Salzburgs und Österreichs hinaus. Diese drei Kriterien definieren den Zustand eines Blackouts. 

Im vergangenen Jahr, am 8. Jänner, sind wir ja in Europa nur knapp an einem Blackout vorbei geschrammt? Was ist da passiert? Wie kann es zu einem Blackout kommen? Dies war ein klassischer Leitungsausfall, der dazu geführt hat, dass Europa in zwei Teile zerfallen ist, eine Region, die mehr Strom gehabt hat, als sie verbraucht und eine andere Region, die mehr Strom verbraucht hat, als zur Verfügung war. Damit ist natürlich das gesamte Netz ins Schwanken geraten. Hier gab es Abweichungen von 50 Hz, welche die normale Stromfrequenz im Netz bilden, wobei die gerade noch verkraftbaren 0,2 Hz-Schwankungen deutlich überschritten wurden. In diesem Fall ist es nämlich zu einer Verschiebung um die 0,6 Hz gekommen. Wenn dies nicht abgefangen wird, kann es zu einem Blackout kommen. In diesem Beispiel ist es gelungen, das System nach ein paar Stunden so weit zu stabilisieren, dass man auf der einen Seite Last abgeworfen hat, indem man Kraftwerke vom Netz genommen hat und auf der anderen Seite Verbraucher reduziert hat, um das Ganze wieder in die Balance zu bringen. Aber der Auslöser war klassisch der Ausfall einer Leitung. Ursachen für ein Blackout können aber genauso schwere Unwetterereignisse oder gezielte Angriffe der Software oder Hardware sein. 

Wie realistisch sehen Sie als Experte ein Blackout hier in Österreich und über die Grenzen hinaus in Europa? Wir als Katastrophenschützer hatten eigentlich das Blackout in der gleich hohen Eintrittswahrscheinlichkeit auf dem Radar, wie eine Pandemie. Und in der Pandemie stecken wir mittendrin. Also aus meiner Sicht, wenn wir so weitermachen wie bisher, wird mit jedem Tag die Eintrittswahrscheinlichkeit höher. Und indem wir jeden Tag so weiter tun, also weiter in allen Bereichen auf Strom setzen, gleichzeitig aber nicht die Leitungen zur Verfügung haben, um den Strom zu verteilen, sind das für mich schon Faktoren, die diese Eintrittswahrscheinlichkeit erhöhen. Es muss das Gesamtsystem in einer gewissen Balance gehalten werden.

Und welche präventiven Maßnahmen kann ich treffen? Wie kann ich mich selbst vorbereiten? Ich glaube, das Minimum sollte sein, sich vier bis sieben Tage mit Lebensmitteln und Trinkwasser versorgen zu können, auch wenn letzteres nicht aus der Leitung kommt. Die Bevorratung ist generell ein sehr schönes Beispiel. Durch die Corona Pandemie wurde den Leuten klar, dass man nicht immer sicher weiß, wann man das nächste Mal in einen Supermarkt kommt, daher macht es Sinn, etwas zu Hause zu haben. Zweitens sollte ein Raum in der Wohneinheit zumindest temperierbar sein. Drittens, ganz wichtig, sollte man irgendwie Radio hören können. Ganz wichtig sind auch Mechanismen, um die Familie zusammen zu führen. Wenn man dann – darüber hinaus – noch die Möglichkeit hat, Basis-Körperpflege betreiben zu können, seien es Feuchttücher oder irgendein Bachwasser, das ich in einer Tonne habe, und wenn ich vielleicht pro Person 200 € in kleinen Scheinen und Münzen zur Verfügung habe, damit ich, wenn es etwas zu kaufen gibt, nicht auf die Bankomat-Karte angewiesen bin, dann wäre das so ein Standardpaket, auf dem man sich vorerst ausruhen kann, um durchzukommen. Kerzen und Taschenlampen sind sicherlich genauso Teil des Gesamtpakets wie laufend benötigte Medikamente und eine einfache
Kochmöglichkeit.

Würden Sie sagen, ist es sinnvoll ein eigenes Notstromaggregat zu besitzen, um im Falle des Falles vorbereitet zu sein? Ich glaube Notstromaggregate müssen schon jenen Bereichen vorbehalten sein, in denen man die laufende Wartung von diesen Geräten gewährleisten kann und auch bewilligte Tanklager vorrätig hat. Sich jetzt irgendwo bei einem Discounter ein Notstromaggregat um 2.000 € zu kaufen und dann 2.000 Liter Super Benzin oder Diesel im Keller zu lagern, irgendwo neben der Gasheizung oder neben dem Ölofen, das halte ich nicht für geschickt. Man sitzt in Wirklichkeit auf einer unglaublich hohen Brandlast und die Gefahr, dass da etwas daneben geht, dass man sich selbst gefährdet, ist riesengroß und es wird kaum einer im Stande sein, mit so einem Aggregat sein Haus zu betreiben. Da ist es vernünftiger, einfach mit einer Gas-Kartusche sein Essen zuzubereiten. Also irgendetwas Provisorisches halte ich nicht für geschickt, wie wohl es doch in manchen Bereichen, wie der Landwirtschaft, sinnvoll ist, Aggregate aufzustellen, um die Anlagen der Stallungen damit zu betreiben. Die Landwirtschaft macht auf diesem Sektor auch sehr viel, aber für den klassischen Reihenhausbesitzer kann ich mir das nicht vorstellen. 

Wenn es aber tatsächlich zu einem Blackout kommt, was soll oder kann ich dann tun? Wie verhalte ich mich? Wenn es zu einem Blackout kommt, dann ist das ein Prozess, der binnen Minuten einsetzt, nicht nur bei uns, sondern in ganz Österreich und über die Grenzen Österreichs hinaus. Wir können schon davon ausgehen, dass niemand mit offenem Körper bei der Herztransplantation am OP-Tisch liegen bleibt, denn da gibt es Systeme, die springen an, aber in vielen Bereichen, ob das ampelgesteuerte Anlagen, strombetriebene Fahrzeuge, Sicherungsanlagen oder Aufzüge sind, kommt es definitiv zum Stillstand. Ich glaube, das Entscheidende in dieser Situation ist, dass man das Radio einschaltet, unbedingt mit terrestrischem Empfang, und von sich aus Kommunikation reduziert. Anrufe nicht einfach zu tätigen, um zu überprüfen, ob ich jemand noch erreiche. Wichtig ist auch, die vorhandenen Leitungskapazitäten, insbesondere im Mobilfunknetz, vor allem für Notrufe offen zu halten. Denn wenn ein Notruf nicht mehr durchkommt, muss sich jeder selbst helfen, auch im feststeckenden Aufzug. Ein wichtiger Punkt ist auch, dass man sich wirklich überlegt, wie man die Familie zusammenführt, also dass man automatisierte Prozesse schon in der kleinsten Einheit Familie hinterlegt hat. Wo geht man im schlimmsten Fall hin, um abgeholt werden zu können? Solche automatisierten Prozesse wären unglaublich wichtig, weil das die Probleme in diesem Durcheinander löst, die so ein Stromausfall auslösen wird, wenn er uns im vollen Lauf erwischt. Um zwei
Uhr früh ist das z.B. halb so wild.

Wie sieht es mit der Wasserversorgung bei einem Blackout aus? Das wird regional sehr unterschiedlich sein. Also ich denke überall dort, wo gemeindenahe Wasserversorgungsdienstleister tätig sind, wird man in jedem Fall davon ausgehen können, dass eine pumpfreie Wasserbereitstellung für 24 Stunden gegeben ist. Wenn man sich die Stadt Salzburg vorstellt, wird es aufgrund der Bergsituation möglich sein, pumpfrei in fast jedes Geschoss zu kommen. Es wird aber sicherlich auch Regionen geben, wo es ohne Drucksteigerungsleitungen schwer sein wird, überhaupt ins Erdgeschoss Wasser zu bekommen. Wenn es kleine Wassergenossenschaften sind, die das Wasser direkt aus dem Brunnen entnehmen, gibt es schon ein Problem, wenn keine Notstrom Versorgung besteht. Insbesondere dann, wenn der Wasserdruck zusammenfällt, sind Leitungen zu spülen, bevor man sie wieder richtig starten kann; das sind schon heikle Situationen, die nicht in der Minute des Blackouts ein Problem verursachen, aber in der nächsten Phase sehr wohl zu Problemen führen können. Verkeimung von Trinkwasserleitungen und Ähnliches, sind schon sehr problematische Geschichten. Im Sommer würde ich natürlich auch Hebeanlagen und Pumpanlagen von Fäkalanlagen als problematisch betrachten. Irgendwann springt der Überlauf an und dann laufen die Fäkalien irgendwo in einen Bach hinein. Das verursacht sicher Probleme.

Kann ich mich trotzdem noch im Supermarkt mit Lebensmitteln versorgen, wenn es ein Blackout im Land gibt? Ich bin überzeugt, der Handel wird sehr rasch ein großes Interesse haben, Filialen zu schließen. Denn die Raumbeleuchtung oder die Kühlung der Produkte ist nicht mehr gegeben. Es bleibt dann noch ein Zeitfenster von 30 bis 60 Minuten, um die Filiale zu räumen, sonst stehen alle Menschen im Dunklen. Hier muss man dann auch noch mit weiteren Problemen rechnen. Auch die Kassensysteme hängen alle am Strom. Supermärkte sind auch durch Notstromaggregate nicht auf so ein Szenario vorbereitet. Man muss grundsätzlich feststellen, dass wir zweifelsohne in einer Zivilisations- und Wohlstandsgesellschaft leben, die darauf nicht wirklich vorbereitet ist.

Wie haben Sie sich selber, als Experte, auf ein mögliches Blackout vorbereitet? Das Thema der Familienzusammenführung ist auf jeden Fall bei mir geregelt. Ein bisschen Bargeld habe ich auch zu Hause. Eine Durchhaltefähigkeit von 4 – 7 Tagen ist ebenso gegeben. Selbst mit dem Trinkwasser sorge ich auf diesem Sektor vor. Das sind sehr wichtige Bausteine, wie ich meine, ich kann einen Raum temperieren, habe auf alle Fälle immer eine volle Gas-Kartusche für einen Gasgriller zu Hause und dazu noch einen kleinen Gaskocher, um etwas befeuern zu können. Auch meine Familie ist eingeschult und hat ein Radiogerät sowie eine Taschenlampe und eine Kerze vorrätig, das muss auf jeden Fall fürs Erste reichen. Ein Notstromaggregat besitze ich privat auch nicht.

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