Das Interview mit Landesrat Sepp Schwaiger

Bauernherbst, Erntedank. In keiner anderen Zeit steht die Landwirtschaft so im Fokus wie in diesem Monat. Für unser Interview sprechen wir mit Landesrat Sepp Schwaiger über heimische Lebensmittelversorgung und Herausforderungen der Landwirtschaft

Herr Landesrat, gerade im Herbst rund um Erntedank steht die heimische Landwirtschaft und regionale Produkte im Bewusstsein Vieler. Wie hat sich die Landwirtschaft in den letzten Jahren entwickelt?
Die harte Arbeit, die hinter gepflegten Wiesen und Wäldern und gesunden Tieren im Stall steckt, ist oftmals nur zu erahnen und für Besucher oder Außenstehende oft nicht nachzuvollziehen. Es freut mich, dass in den letzten Jahren das Bewusstsein für heimische Lebensmittel gestiegen ist und unsere Salzburger Bäuerinnen und Bauern neue Abnehmer und Kunden gefunden haben. Dabei hat sich das, gemeinsam mit LK Präsident Rupert Quehenberger vor drei Jahren ins Leben gerufene, SalzburgerLand Herkunftszertifikat in Hinblick auf hohe Qualität und regionaler Herkunft bestens etabliert. Mittlerweile wurden 1.950 Produkte, 290 Produzenten, 135 Gastronomiebetriebe und 30 Küchen in der Gemeinschaftsverpflegung ausgezeichnet.

In Zeiten von ständig steigenden Energiekosten stellt sich die Frage, wie sehr sich dies auch auf die Lebensmittelproduktion auswirkt?
Wir erleben eine Inflation, die die Hälfte aller Salzburgerinnen und Salzburger noch nicht erlebt hat. Dies hat schon vor dem russischen Angriff auf die Ukraine begonnen. Mittlerweile ist diese in allen Lebens- und Wirtschaftsbereichen angekommen. Die Landwirtschaft ist im selben Ausmaß betroffen, sodass natürlich auch die Lebensmittelpreise angezogen haben. Niemand kann diese Energiekosten selbst stemmen. Das Positive ist, dass gerade unsere kleinteilige Landwirtschaft der Garant dafür ist, zu jeder Zeit die Produktion zu gewährleisten, ohne auf Großkonzerne angewiesen zu sein. Die Ernährungssouveränität ist und bleibt die Hauptaufgabe unseres Handelns.

Laufen unsere bäuerlichen Betriebe jetzt Gefahr, von der industriellen Landwirtschaft verdrängt zu werden?
Nein. Gerade die Großbetriebe sind es, die als erstes die noch größeren Herausforderungen meistern müssen. Ihr enormer Einsatz von Handelsdünger, Pflanzenschutzmittel und großen Energiemengen aber auch Fremdlöhnen ist noch deutlich mehr von der Teuerung betroffen. Unsere Landwirtschaft ist über viele Generationen krisenresistent gewesen und wird es auch bleiben.

Viele Landwirte setzen schon auf erneuerbare Energien, was muss getan werden, um dies noch zu verstärken?
Gott sei Dank ist schon viel geschehen, gerade im Bereich der Biomasse, aber auch bei Kleinwasserkraft und vor allem Photovoltaik. Gerade bei dieser gibt es aber noch enormes Potential. Kaum ein anderer Betriebszweig hat im Verhältnis so große und geeignete Dachflächen. Hier gibt es eine Reihe von unterschiedlichen Unterstützungen, die strukturiert gehören, um eine einladende Übersicht zu schaffen. Ich bin überzeugt, dass die Landwirtschaft gerade bei Photovoltaik in den kommenden Jahren einen großen Sprung nach vorne schaffen wird. Dies trägt nicht nur zur Krisenfestigkeit unserer bäuerlichen Betriebe bei, sondern auch zur Wettbewerbsfähigkeit und gleichzeitig zum Klimaschutz.

 

„Ich appelliere an die Umweltorganisationen, ihre Haltung zum dringend notwendigen Ausbau von erneuerbarer Energie zu überdenken.“

Zur generellen Stromsituation. Wie konnte es eigentlich so weit kommen, dass jetzt die Preise völlig davonlaufen?

Viele glaubten, dass wir uns mit Strom selbst versorgen können. Tatsache ist, dass wir in den Wintermonaten mehr als die Hälfte importieren müssen. Österreich hat sich, wie viele andere Länder, auf das billige Gas aus Russland verlassen. Gleichzeitig waren die Strompreise aus Alternativenergien ein wenig höher. Die europäische Versorgung wurde von Atomstrom, Kohle- und Gasstrom getragen. Nunmehr wurden Kernkraftwerke geschlossen, Deutschland will aus den Kohlekraftwerken aussteigen und das Gas wird durch den Krieg auch zu Mangelware.

Was ist jetzt dringend zu tun?
Jetzt dürfen wir jedenfalls eines nicht tun: Diskutieren, ob Wasserkraft besser als Photovoltaik ist oder Biomasse der Windkraft vorgezogen werden soll. Wir sind in der Situation, dass wir alles brauchen, nicht irgendwann, sondern so bald wie möglich. Das ist auch ein Appell an die Umweltschutzorganisationen. Die Verhinderungstaktik und das Verschleppen von notwendigen Genehmigungen ermöglicht uns nicht, aus dieser Doppelmühle der Abhängigkeit herauszukommen, was ist aber dringend notwendig ist.

Welchen Anteil haben dabei die Wirtschaftssanktionen gegen Russland?
Einen ganz erheblichen, aber was ist die Alternative: Soll man tatsächlich einen Krieg in Europa einfach akzeptieren, die Ukraine ohne klares Zeichen den Russen überlassen und somit Putin an den Toren Polens und Deutschlands stationieren lassen? Schon jetzt sitzt Putin auf der Halsschlagader der Energieversorgung Europas, alles weitere will ich mir gar nicht ausdenken. Und wozu er bereit ist, das haben wir jetzt schon gesehen. Da ist mir die jetzige – sehr schwierige – Situation lieber als alles andere! Die EU bekennt sich zu dieser Vorgehensweise, muss aber im Gleichschritt die Strompreisbildung ändern, und zwar grundlegend und rasch!

Was passiert in Salzburg um die Versorgung sicherzustellen?
Der Energielenkungsbeirat Salzburg unter meinem Vorsitz bereitet sich auf die knappen Situationen vor. Gemeinsam mit Wirtschaftskammer, Industriellenvereinigung, Arbeiterkammer, ÖGB, Salzburg AG, und Vertretern des Landes arbeiten wir an Maßnahmenplänen, um Einsparungspotentiale von 15 % zu heben. Nicht nach dem Florianiprinzip, sondern in Verantwortung für jeden einzelnen Bereich sind die Vorbereitungen im Gange! Jedenfalls sind bereits jetzt alle aufgerufen, bei uns selbst nicht nur Überlegungen zu treffen, sondern den einen oder anderen Schritt zu machen. Ich weiß, bei einigen wird dies kaum möglich sein, aber bei vielen, bei den allermeisten ist es möglich und es werden ohnehin schon aufgrund der Energiepreise Einsparungen umgesetzt. Alles, was wir heute nicht verbrauchen, hilft uns auch im Winter.

 

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